Kommentar: Gibt es eine muslimische Position?

Nach ihrem Glauben können Juden und Muslime koexistieren. Von Khalil Breuer

tank.jpg (2738 Byte)Die aktuellen Ereignisse in Palästina lassen wenig Interpretationspielraum: nicht nur der offensichtliche Umstand, dass kein internationales Recht für Israel gilt, sondern vor allem die öffentlichen Exekutionen, die Verhaftung von Kranken und die massenhaften Übegriffe gegen die palästinensische Zivilbevölkerung sprechen eine eindeutige Sprache und schockieren die islamisch-zivilisierte Welt.

Wer auch immer diese Aktionen solidarisch deckt, sie zulässt und fördert, hat wieder einmal die oft zitierten Grundlagen der westlichen Zivilisation längst verlassen. Hierzu gehört auch, dass man im Westen einen - im Besten Falle als staatlichen Notwehrexzess zu qualifizierenden - brutalen Kriegszug nun immer noch zu legitimieren versucht.

Man sollte aber allerdings nicht vergessen, dass weder Arafat noch die Hamas oder die eingeschüchterten Politiker der arabischen Welt etwa für eine muslimische Position in diesem Konflikt stehen. Schon gar nicht kann es etwa Sympathie oder Verständnis für einen mörderischen Selbstmordanschlag in einem israelischen Kaffee oder Kaufhaus geben.

Man hat tatsächlich in der arabischen Welt - leider - geistig den Selbstmordattentätern und ihren Hintermännern zu Lange das Feld überlassen, die die destruktive und hoffnungslose Seite des Konfliktes verstärken und dem israelischen Hardliner Scharon und seinem taktisch operierenden Gehilfen Peres die Vorlagen für ihren Terror liefern. Terrorismus stärkt Israels Unfähigkeit zum Frieden und seinen weiteren Ausbau zum totalitären Polizeistaat.

Es kann, jedenfalls wenn man islamischen Recht folgt, im Islam keine Rechtfertigung für diese "private" Kriegsführung geben. Der Islam erlaubt weder die Privatisierung des Krieges noch einen totalen Krieg. Es ist auch vielsagend dass die Lehrer, die diese Attentate doch rechtfertigen, sich natürlich ungern selbst an die Frontlinien begeben. Diese Art Lehre sprechen zwar gerne von "Kitab und Sunnah" - haben sich aber gegen jede Sunnah recht konfortabel und passiv in den diversen Regimen der Region eingerichtet.

Gibt es eine muslimische Position im Nahostkonflikt? Jersualem ist seit Umar Ibn al-Khattab ein Waqf, hat der Mufti von Jerusalem, Schaikh Sabri, betont und eine der wenigen wirklich muslimischen Positionen in dem Konflikt hörbar und authentisch festgelegt. Deswegen steht für Muslime aus aller Welt al-Quds nicht zur Disposition. Aber, ob ein palästinensischer Flächenstaat tatsächlich eine Lösung ist, kann man gerade als Muslim und wegen der komplexen geopolitischen Situation in der Region durchaus bezweifeln.

In einer Welt, in der sich staatlichen Grenzen auflösen, ist der veraltete Kampf für einen palästinensischen Staat merkwürdig romantisch. Zudem wäre dieses Gebilde, wie Fachleute sagen, ökonomisch und politisch kaum je wirklich unabhängig. Fakt ist, dass importiertes Nationalstaatsdenken und Nationalismus die arabische Welt entzweit und ins Chaos geführt hat. Von der Auflösung von Grenzen und Nationalstaaten zu sprechen, wäre daher "revolutionärer", als ein Arafat tatsächlich zu denken vermochte.

Wer kann helfen? Die Muslime von Jordanien bis Ägypten - dass ist die Ironie - können nach ihrem Glauben keinesfalls die Vernichtung von Juden anstreben - sie können aber auch nicht, wenn sie eine muslimische Position haben, der Verfolgung der palästinensischen Muslime auf Dauer tatenlos zusehen. Der säkulare Nationalismus Israels und Palästinas -das zeigen die letzten Ereignisse - kann die Region nicht befrieden, wohl aber könnten Juden und Muslime in ihren jeweiligen Städten friedlich miteinander ko-existieren und vorallem handeln.

Insofern ist eine muslimische Position durchaus konstruktiv und beschränkt sich nicht auf das Anflehen der amerikanischen Regierung.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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