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Die Mütter der Gläubigen

Sawda, die zweite Mutter der Gläubigen

l. Ausspruch

"Bei Allah, ich lege keinen Wert darauf, Ehemänner zu bekommen, jedoch wünsche ich mir, daß Allah mich am jüngsten Tag als Ehefrau des Gesandten Allahs wiederauferstehen läßt. "

2. Vorgeschichte

Der Verlust Chadidschas hinterließ bei Muhammad (s) großen Kummer und tiefe Trauer. Tage und Nächte folgten einander: schwer, dunkel und einsam. Muhammad (s) trug nun sowohl die Last der Verantwortung für seine Botschaft und seine kleine Gemeinde, als auch für die Betreuung und Erziehung seiner Töchter. Daneben hatte er auch noch für sich selbst zu sorgen. Seine Gemeinde unterstützte ihn dabei bis zum äußersten. Bis zum Ablauf der traditionellen Trauerzeit versuchten sie jedoch nicht, ihm eine Heirat vorzuschlagen, um ihm Chadidscha zu ersetzen und ihn zu entlasten.

In der islamischen Gemeinde befand sich eine Frau namens Chaula bint Hakim. Diese bemühte sich, nachdem die Trauerzeit zu Ende gegangen war, den Propheten von der Notwendigkeit einer neuen Ehe zu überzeugen, seinetwillen und zum Wohle der Gemeinde. Außerdem wollten sie Muhammad (s) seiner sorgenvollen Einsamkeit entreißen, denn die Erfüllung der prophetischen Aufgabe forderte alle seine Kräfte. Allein aus diesen Gründen fehlte ihm eine Ehefrau, die ihn von seinen häuslichen Pflichten entlasten könnte. Chaula faßte sich ein Herz und ging zu dem Propheten, um ihm eine erneute Heirat vorzuschlagen. Als sie bei ihm angelangt war, sprach sie: "0 du Gesandter Allahs! Ich sehe, daß durch den Verlust Chadidschas die Einsamkeit in dich gedrungen ist."

Der Prophet antwortete: "Gewiß, denn sie war die Mutter der Kinder und das Oberhaupt des Hauses." Chaula blickte um sich und sammelte all ihre Kraft, um dem Propheten einen Heiratsvorschlag zu machen. Durch ihre Worte tauchte bei ihm die Erinnerung an jenen Tag auf, als Nafisa bint Munaiy zu ihm gekommen war und eine Heirat vorgeschlagen hatte. Dies war vor etwa fünfundzwanzig Jahren geschehen, als ihm Chadidscha als Ehefrau angeboten worden war. Daher schaute der Prophet Chaula an und fragte: "Wer nach Chadidscha?", womit er meinte, wer ihm Chadidscha ersetzen könne. Chaula erwiderte rasch: '"Aischa, die Tochter des dir liebsten Menschen." Damit meinte sie Abu Bakr as-Siddiq, den ersten Mann, der an Muhammad (s) geglaubt und seine Botschaft bestätigt hatte.(1) Er war für Muhammad (s) Bruder, Gefährte und Freund in einem. Muhammad (s) war erfreut, brachte jedoch Bedenken vor: "0 Chaula, sie ist noch zu jung!" Chaula, die auf diesen Einwand vorbereitet war, erwiderte: "Du kannst doch jetzt bei ihrem Vater um sie werben und dann warten, bis sie herangewachsen ist." Der Prophet, der sich mit dem Gedanken einer neuen Ehe abgefunden hatte, entgegnete: "Aber wer wird mir das Haus und seine Angelegenheiten besorgen, und wer wird die Töchter des Gesandten betreuen?" Da Chaula auch daran schon gedacht hatte, war sie mit zwei Heiratsvorschlägen gekommen. 'Aischa sollte den Propheten erst in zwei oder drei Jahren heiraten; zuvor aber sollte die Witwe Sawda, die Tochter des Sam'ah, die Ehe mit ihm eingehen und zugleich die Sorge für ihn und seine vier Töchter übernehmen. Mit diesen beiden Vorschlägen war Muhammad (s) einverstanden. Daraufhin ging Chaula zuerst zu Abu Bakr, wo sie um 'Aischa bat, und danach zu Sam'ah, um für Muhammad (s) um die Hand Sawdas zu werben. Beide Bewerbungen waren erfolgreich.

 

3. Herkunft

Sawda war die Tochter des Sam'ah, Sohn des Qais, Sohn des 'Abd Schams, Sohn des 'Abd Widd aus demkabe4.jpg (187834 Byte) Stamm 'Amer. Ihre Mutter war as-Samus, die Tochter Qais, aus dem Stamm Adei, aus dem Stamm an-Nadschar. Nach einem anderen Bericht war sie die Tochter Qais, Sohn des Sayd, Sohn des 'Amr. Sawda lebte in Mekka und war zuvor verheiratet mit ihrem Cousin, as-Sakran, Sohn des 'Amr. Sawda und ihr Mann, zählten zu den ersten Muslimen. Zusammen mit den anderen Anhängern Muhammads (s) wurde sie in Mekka um ihres Glaubens willen gequält und geschlagen.

Wegen der unerträglichen Verfolgung der Muslime kam es zur ersten Emigration nach Abessinien, an der auch Sawda und ihr Mann teilnahmen. In dieser Emigration verstarb nach den meisten Berichten Sawdas Mann. Nachdem der Islam sich in Mekka gefestigt hatte, wurden die Emigranten zurückgerufen. Mit ihnen kehrte auch Sawda in ihre Heimat zurück, wo sie als Witwe lebte.

4. Heirat

Chaula kam als Vermittlerin zu dem Hause Sawdas und begrüßte sie mit den Worten: "Welche Güte und welchen Segen gewährte dir Allah, Sawda!" Sawda fragte erstaunt: "Und welche (Güte) ist das, Chaula?" Chaula antwortete: "Der Gesandte Allahs schickt mich, um dich für ihn zu werben." Sawda reagierte froh, aber zugleich beherrscht, indem sie Chaula aufforderte, zunächst ihren Vater zu unterrichten, und wies sie zum Zimmer, in dem dieser sich aufhielt.

Ihr Vater war ein betagter Mann, der fest an seinem alten Glauben hing. Als Chaula ihm die Bewerbung vortrug, äußerte er sich über die Person Muhammads (s): "Edel, fähig." Dann fragte er: "Und was sagt deine Gefährtin (Sawda) dazu?" Sie erwiderte: "Sie mag es." Darauf ließ Sam'ah seine Tochter holen und fragte sie: "O Sawda, diese hier behauptet, daß Muhammad ibn 'Abdullah sie nach dir geschickt habe, um dich zu werben. Er ist fähig, willst du, daß ich dich an ihn verheirate?" Sawda antwortete: "Ja!" Danach schickte Sam'ah Chaula zurück zu Muhammad, um ihn zu holen und die neue Heirat abzuschließen.

5.Ehe

Die zweite Heirat Muhammads (s) wurde vollzogen. Doch niemand in der islamischen Gemeinschaft wollte glauben, daß Sawda die Stellung Chadidschas einnehmen könnte. Denn Sawda war bereits in fortgeschrittenem Alter und daher von niemandem als mögliche Ehefrau angesehen worden. Im Hause des Propheten war Sawdas Situation nicht einfach. Es war ihr immer bewußt, wie hoch angesehen ihr Mann war, und daß sie selbst von einfachem Stand, arm und dazu betagt war. Auch wenn sie sich mit Chadidscha verglich, so fiel dieser Vergleich, was Rang, Stellung und Vermögen betraf, immer zu ihren Ungunsten aus. Diese Überlegungen führten dazu, daß sie sich vor dem neuen Leben fürchtete. Jedoch verband sie ihr Glauben auf das Innigste mit dem Propheten.

Sawda war sich bewußt, daß der Prophet sie vor allem aus Güte und Barmherzigkeit geheiratet hatte und sah daher ihre Aufgabe in erster Linie in der Betreuung des Hauses und der Kinder des Propheten. Sie war der Überzeugung, daß sie Muhammad (s), den Menschen, geheiratet hatte, nicht jedoch Muhammad (s), den Propheten.

Als Sawda in das Haus des Gesandten aufgenommen wurde, bedeutete dies zweierlei für sie, einmal eine Art Belohnung für ihre Person, da sie eine der ersten Muslime war, die dem Druck der Mekkaner nicht nachgegeben hatte und der Botschaft treu geblieben war. Zum anderen bedeutete es die Aufnahme unter den Schutz des Propheten und zugleich eine sichere Versorgung für sie.

6. Stellung Sawdas zu Muhammad

Sawda war dem Propheten eine freundliche, gütige, bescheidene und zugleich fröhliche Ehefrau. Oft erzählte sie ihm lustige Dinge, durch die sie ihn zum Lachen brachte. Sie erzählte ihm zum Beispiel von einem Vorgang, bei dem sie lange hinter ihm gebetet hatte: "Ich habe hinter dir die Nacht hindurch gebetet, o du Gesandter Allahs, und fiel nieder mit dir, bis ich meine Nase festhalten mußte, da ich fürchtete, daß Blut aus ihr tropfen würde." Darüber lächelte der Prophet zunächst, dann mußte er lachen.

Sawda betreute das Haus länger als zwei Jahre allein, bis 'Aischa hinzukam. Diese künftige Ehe Muhammads (s) mit 'Aischa lastete schwer auf Sawdas Seele, da 'Aischa jung und angesehen war. 'Aischa war die Tochter des ersten und wichtigsten Helfers des Propheten und des Mannes, der ihm am liebsten war und am nächsten stand. Wie bedeutend die Stellung ihres Vaters Abu Bakr in der islamischen Gemeinschaft war, zeigte sich u. a. darin, daß er später als erster Kalif eingesetzt wurde. Wegen 'Aischas Herkunft und der Liebe des Propheten räumte Sawda ihr nach der Heirat die erste Stelle im Hause des Propheten und in der Gemeinde ein. Zugleich bemühte sich Sawda, 'Aischa in allem zufriedenzustellen und kümmerte sich mit allen Kräften um sie, auch um Muhammad (s) zu gefallen. Sawdas kluge Einsicht in ihre schwache Position und ihre Welterfahrung bewog sie zu ihrem großmütigen Verzicht gegenüber 'Aischa.

Sawda zeigte gegenüber 'Aischa und später gegenüber den anderen Ehefrauen des Propheten keine Eifersucht. Auch brachte sie keine Beschwerden über sie vor ihren Mann.

Dies alles fiel ihr sicher besonders schwer, da der Prophet keine zärtliche Neigung für sie empfand. Wenn man bedenkt, daß sie zur Zeit ihrer Heirat mit Muhammad (s) nach einem Bericht etwa hundert Jahre alt gewesen sein soll, wird dies wohl verständlich. Doch hatte der Prophet Mitleid mit ihr und wollte ihr nicht das Gefühl vermitteln, sie sei nicht gleich den anderen Frauen in seiner Liebe. Immer wieder versuchte Muhammad (s), ihr sein Herz zu öffnen, doch gehorchte ihm seine menschliche Natur nicht. Das äußerste, was er ihr zu gewähren vermochte, war, ihr die gleiche Behandlung wie den anderen Frauen in Unterhalt, Wohnung und der ihr zustehenden Nacht zuteil werden zu lassen. Liebe und Zuneigung vermochte er für sie jedoch nicht zu empfinden. Dennoch kam es so weit, daß der Prophet, als einmal ihre Nacht gekommen war, ihr vorschlug, sich von ihr zu scheiden; so der eine Bericht. Nach einem anderen Bericht, schickte er ihr eine Botschaft mit dem Scheidungsvorschlag.

Sie lehnte ihn ab und bat, er möge sie doch behalten. Ihre Bitte kleidete sie in die Worte: "O, bei Allah, ich lege keinen Wert darauf, Ehemänner zu bekommen, jedoch wünsche ich mir, daß Allah mich am Jüngsten Tage als Ehefrau des Gesandten wiederauferstehen läßt. Ich werde meine Nacht 'Aischa schenken." Muhammad (s) war tief beeindruckt von ihren Worten und fühlte tiefes Erbarmen mit ihrer Bescheidenheit. Er widerrief seinen Scheidungsvorschlag und beließ Sawda in seinem Hause.

'Aischa war Sawda sehr dankbar für die zusätzliche Nacht und dieser Verzicht verstärkte die Bindung zwischen beiden. Später schloß Sawda sich der Partei 'Aischas an. Sawda führte ein ruhiges Leben im Hause des Propheten und lebte sogar länger als er. Sie selbst verstarb - so ein Bericht - am Ende der Regierungszeit des zweiten Kalifen 'Umar ibn al-Khattab. Nach ihrem Tod faßte 'Aischa ihre Meinung über Sawda in den Worten zusammen: "Es gibt unter den Menschen niemanden, den ich wegen seines Charakters mehr liebe als Sawda, obwohl sie etwas Schärfe hatte." (ebenda).

 


(1) Abu Bakr as-Siddiq ist der erste männliche Erwachsene, der den neuen Glauben, Muhammads Botschaft, annahm, nach dem Jugendlichen 'Ali, dem Sohn Abu-Talibs, und dem jungen Diener Sayd. Abu Bakr bekam diese Bezeichnung "as-Siddiq", d.h. "der Bestätiger", da er Muhammads Wahrhaftigkeit immer ohne Zweifel bestätigt hatte.

Quelle: Internet

by Muhammed Faruk

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