Die Sure Al-Fadschr

Von Dr. Hadsch Asadullah Yate

Quran und Tafsir - aus dem Sonntagsprogramm der Potsdamer Akademie


In der Potsdamer Akademie findet regelmässig Quran- und Arabisch-Unterricht statt. Die Veranstaltungen werden von Muslimen aller Nationalitäten besucht, insbesondere von Deutschen, Spaniern, Arabern, Engländern, Türken, Amerikanern, Bosniern und Dänen. Der Qurankommentar, der am ersten Sonntag dieses Monats besprochen wurde, bezog sich auf die Sure al-Fadschr unter Bezugnahme auf das Tafsir von Abul-Qasim Muhammad ibn Ahmad ibn Dschuzai al-Kalbi.

Ibn Dschuzai
Ibn Dschuzai, geboren 693 n.H., der große europäische Alim aus Granada in Andalusien, ist auch berühmt für sein präzises Handbuch des Maliki Fiqh, al-Qawaanin al-Fiqhija, einen Kommentar des Sahih von Muslim, ein Buch über die Prinzipien der Rechtsprechung namens Taqriib al-Wusul ila ilm al-Usul und ein anderes über die Grundlagen der Aqida an-Nur al-Mubin fi Qawaaid ad-Din.
Er hat auch Werke verfasst über die unterschiedlichen anerkannten Rezitationsarten des Quran, einen biographischen Katalog der Ulama und Fuqaha des Ostens und des Westens, eine Einführung in die Wissenschaften des Herzens (Marifa) sowie verschiedene Grammatikbücher und zur arabischen Sprache. Er starb als Schahid im Jahre 741 in der Schlacht von Tarif.

Vortrag
Audhu billah minasch-schaitani radschim, Bismillahir-rahmanir-Rahim
Die Sura al-Fadschr beginnt mit einem Schwur Allah ta alas auf verschiedene Dinge der Schöpfung. Zuerst schwört Er bei al-Fadschr, dem Tagesanbruch. Ibn Dschuzai erwähnt auch, dass es heisst, dieser Schwur beziehe sich insbesondere auf das Fadschr-Gebet oder auf den Tagesanbruch am Id al-Adhha - dem Tag des Schlachtens nach der Hadsch, obwohl er selbst keine klaren Beweise für diese Interpretationen findet. Was die "zehn Nächte" anbetrifft, bei denen Allah dann schwört, so beziehen sie sich auf die ersten zehn Nächte des Monats Dhul-Hidscha, obwohl auch gesagt wird, dass es sich auf die letzten zehn Tage des Ramadan bezieht.
Was den folgenden Schwur auf Schafi wa-Witr (wörtlich "das Gerade und das Ungerade") anbelangt, so wurde vom Propheten, Friede sei mit ihm, überliefert, dass Schafii den Tag des Schlachtens (nach der Hadsch) bezeichnet und das Witr den Tag von Arafat. Es wird von ihm, Friede sei mit ihm, auch überliefert, das sie sich auf das Schafi"i und Witr-Gebet beziehen, die so spät wie möglich in der Nacht gemacht werden. Es wird auch gesagt, dass Schafii auf die Welt hinweist und Witr auf Allah, oder dass das erste Adam und Eva und das zweite Allah ta ala bezeichnet. Wieder andere deuten, dass Schafii sich auf Safa und Marwa (in Mekka) und Watr auf das Haus Allahs bezieht.
Der folgende und letzte Schwur ist "bei der Nacht, wenn sie vorübergeht". Dann fragt Allah ta ala "gibt es darin keinen Schwur für die Verständigen?" - was nach Ibn Dschuzais Kommentar bedeutet - "sind diese Beispiele aus der Schöpfung nicht grossartig genug für euch zu verstehen, oh Kuffar, dass Allah euch strafen wird, wenn Ihr die Warnungen nicht hört, wie die Völker, die in den folgenden Ajats erwähnt werden.

Die Zerstörung der Ad
Allah fährt fort: "Seht ihr nicht, was euer Herr mit Ad - den Iram der Säulen - gemacht hat? Der Stamm der Ad war auch bekannt mit dem Namen eines Ihrer Ahnen Iram. Die "imaad" (Säulen) - die normalerweise als ihre Gebäude oder die Pfeiler Ihrer Zelte interpretiert werden - deuten für andere auch auf ihre grossen Staturen hin. Die folgenden Worte Allah ta alas "solche wie nie zuvor in einem Land geschaffen wurden" bezieht sich somit auf die imposante Grösse der Stadt der Iram oder auf die Körpergrösse ihrer Bewohner, die - nach einigen Berichten - die Grösse von 40 Ellen erreichten. Die Stadt war nach verschiedenen Berichten die schönste Stadt der Welt zu jener Zeit. Sie wurde von Schadad ibn Ad während einer Periode von 300 Jahren gebaut, der selbst bis zum Alter von 900 Jahren lebte.
Ihre Paläste aus Gold und Silber waren errichtet auf Pfeilern aus Smaragd und Karneol. Schadad, so wird berichtet, hörte vom Garten und wollte ihn ebenso auf der Erde erbauen. Jedoch, als alles beendet war und er seine Leute hereinführte, zerstörte Allah alles mit einem großen Schrei. Die Stadt lag im Jemen; jedoch weisen einige Berichte daraufhin, dass es in Damaskus oder Alexandria gewesen ist.
Allah ta ala erwähnt dann ein weiteres Volk: "und Thamud, die Steine in den Felswänden bearbeiteten" und "Pharao der Pfähle". Die Pfähle, auch erwähnt in der Sura as-Sad (Dawud) wurden von dem Tyrannen benutzt, um seine Opfer zu pfählen. Jedoch bevorzugt Ibn Atijja die Version mit Autad (Pfähle als Fundamente), die auf die Holzstämme verweisen, die für riesige Bauten verwendet wurden. Dies ist ein Hinweis dafür, dass scheinbar mächtige Zivilisationen wegen des Ärgers von Allah auf ihnen hinweg gefegt wurden: "... alle von ihnen, die Tyrannen in ihren Ländern waren und viel Verderben anrichteten. Also ließ dein Herr eine geißelnde Strafe gegen sie los. Dein Herr liegt immer auf der Lauer." "Auf der Lauer liegen" ist eine Erinnerung daran, dass Allah an jedem Ort und zu jeder Zeit durch Sein Wissen immer gegenwärtig ist: Nichts oder niemand - einschließlich aller Tyrannen - entkommen Seiner Wahrnehmung, denn Er hört und sieht alles.

Der Mensch wird durch Gut und Böse geprüft
Allah ta ala sagt dann weiter: "Wenn der Mensch durch seinen Herren durch Ehre und Geschenke getestet wird, sagt dieser: "Mein Herr hat mich geehrt!" ..." Ibn Dschuzai sagt, dass Allah ta ala hier darauf hinweist, dass dieser Mensch stolz ist. Anstatt Allah für Seine Geschenke zu danken, sieht er nur, dass Allah ihn durch seine Geschenke mit großer Versorgung, Wohlstand und leichtem Leben herausgehoben hat und er vergißt, Allah zu danken. Für "Aber wenn Er ihn durch die Beschränkung seiner Versorgung prüft", sagt er "Mein Herrr hat mich erniedrigt!", anstatt zu sehen, dass sein Zustand eine Prüfung - direkt von Allah - darstellt, fängt er damit an sich zu beklagen.

Handlungen zählen mehr als Worte
Wenn Allah sagt: "Aber nein! Du hast weder die Waisen geehrt, noch zur Speisung der Armen aufgerufen. Ihr verbraucht das Erbe mit unersättlichem Hunger und habt eine unersättliche Liebe zum Wohlstand." Hier erinnert Allah die Menschen daran, dass sie weitaus gravierende Dinge tun, als stolz zu sein oder zu vergessen, Ihm zu danken: "Aber nein! Wenn die Erde zerbricht und zu Staub zerfällt!", d.h. nach dem Tod am Jüngsten Tag, "und dein Herr erscheint mit den Engeln in verschiedenen Rängen."
Der letzte Teil dieses Ajats gleicht dem, in dem Allah über Sein "Setzen auf dem Thron" spricht. Wir, die Leute der vier Madhahib akzeptieren, dass diese Dinge geschehen werden, aber wissen weder ihren genauen Ablauf, noch stellen wir Nachforschungen darüber an.
Dann sagt Allah: "An diesem Tag wird die Hölle erscheinen". Ibn Dschuzai erwähnt eine Überlieferung, die beschreibt, wie die Hölle von 70.000 Zügeln geführt wird und jeder Zügel wird von 70.000 Engeln gehalten. Allah ta ala fährt fort: "An diesem Tag wird sich der Mensch erinnern, aber wie kann ihm diese Erinnerung helfen? Er wird sagen: "Oh! Hätte ich für dieses Leben etwas im voraus vorbereitet!"", d.h. "hätte ich nur gute Handlungen auf der Erde begangen, so dass ich den Garten genießen kann, anstatt in die Hölle zu gehen.!

Allahs Strafe und Belohnung
"An diesem Tag wird niemand strafen, wie Er straft und niemand wird fesseln, wie Er fesselt" - mit anderen Worten sagt Ibn Dschuzai, dass Allah Selbst die Kuffar foltern wird und dies nicht an jemanden anderen delegieren wird. Dann beschließt Allah die Sura mit den Wortern: "Oh ruhendes und friedliches Selbst, kehre zu deinem Herren zurück, der zufrieden ist und zufriedenstellt! Trete mit Meinen Sklaven ein! Betrete Meinen Garten!", d.h. der Sklave ist, für seinen Teil, zufrieden, dass seine Handlungen in der Welt anerkannt wurden und dass Allah ta ala mit ihm zufrieden ist.
Wir bitten Allah, dass wir die Leute der Handlungen sind, die von Ihm angenommen werden.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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